BRISANTER BUMERANG

BALD KÖNNTE ES DIE ZWEITE ODER DRITTE WELLE GEBEN, WARNTEN VIROLOGEN – UND DIE WÜRDE UNS AUF LOS ZURÜCKWERFEN IN DIESEM GLÜCKSSPIEL UM LEBEN UND TOD. WOCHENLANG WANDTEN SICH KLUGE KÖPFE IN POLITIK UND WISSENSCHAFT GEGEN EINEN FRÜHEN WIEDERANLAUF. DOCH ALLZU GERNE GLAUBTE VOR ALLEM WIRTSCHAFTSVERTRETER BERICHTEN AUS CHINA, DASS JENER BRISANTE BUMERANG AUSGEBLIEBEN SEI – WENN ES DENN DIE WAHRHEIT WAR ...

Es war Freitagabend, der 15. Mai 2020. An der Türe der „Altten Scheune“ in Jheringsfehn hing ein Schild mit der Aufschrift „Geschlossene Gesellschaft“. Jheringsfehn ist ein Ortsteil von Moormerland und liegt im ostfriesischen Landkreis Leer an der Nordsee. Der neuer Besitzer des Restaurants, Arendt Kampen, wollte diesen Abend ausschließlich mit seinen Freunden und Bekannten feiern. Er hatte die „Alte Scheune“ in der Moorsiedlung gekauft und renoviert. Am Freitag sollte die Premiere sein.

Zum 11. Mai war der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil in Deutschland vorgeprescht und hatte die coronabedingte Schließung der Restaurants mit den Worten gelockert: „Die Zeit ist reif.“ Das fand auch Kampen, der seine 40 Freunde, Geschäftspartner, Lieferanten und Handwerker endlich in die „Alte Scheune“ einladen und für sie kochen konnte.

Genau sieben Tage später ließ SPD-Ministerpräsident Stephan Weil bereits die nächste Lockerung bekannt geben: Restaurants durften in seinem Bundesland wieder mehr als die Hälfte ihrer Plätze vergeben, sofern man die definierten Mindestabstände einhalte. Doch sie alle hatten ganz klar die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und die kam postwendend, am selben Tag wie die zweite Lockerung. Unter den Gästen der „Alten Scheune“ war offenbar auch ein Arzt. Drei Tage nach dem Abendessen verspürte er Grippesymptome und schickte einen Test ins Labor: Corona-positiv. Ab da begann die Suche nach weiteren Infizierten. Allerdings offenbar auf eigene Faust und ohne ordentliche Aufklärung der Verdachtspersonen. „Er hat mich daraufhin kontaktiert und Tests für die anderen Gäste und unser Personal angeboten“, sagte Gastronom Kampen.“ So ging er am nächsten Morgen, es war Mittwoch, 20. Mai, in dessen Praxis – ja, so seltsam sich das anhören mag, ein coronainfizierter Arzt empfängt Patienten in seiner eigenen Praxis – und liess sich testen. Danach ging er seelenruhig wieder in seine Restaurant-Küche zum Arbeiten – auch dies hört sich nicht gerade verantwortungsvoll für jemanden an, der weiß, dass er Verdachtsfall ist – und erfuhr am Abend, dass auch er infiziert war. Insgesamt 34 Personen einschließlich des Chef des Hauses sollen sich bei der Feier am 15. Mai angesteckt haben. 200 Menschen mussten in der Folge in Quarantäne.

Auf Facebook war zu lesen: "Wir möchten betonen, dass wir stets alle Hygienerichtlinien in Bezug auf das Coronavirus sowie der herkömmlichen gesellschaftlichen Sitten befolgt haben.“ Kampen sei nach dem Essen aus der Küche zu den Gästen gekommen, um sie zu begrüßen und habe sich kurz zu ihnen an den Tisch gesetzt, mehr nicht. Eine Party habe da nicht stattgefunden, widersprach er der Darstellung von Gesundheitsministerin Carola Reimann. Dass die Politik den Restaurantbesuch nachträglich zur Party erklären möchte, ist einfach durchschaubar. Dem Kabinett von Stephan Weil ist die Sache sehr unangenehm. Bayerns Ministerpräsident Söder hatte das Vorpreschen einzelner Bundesländer bei der Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen schon Anfang Mai kritisiert. Er sei ein „bisschen unglücklich“ darüber, dass manche Länder jetzt schon über das hinausgingen, was man zwischen Bund und Ländern vereinbart habe.

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